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Unser Arm gegen uns!

Lehrstück-Happening von Tilman Aumüller, Jacob Bussmann, Bettina Földesi, Ruth Schmidt

Premiere: Ringlokschuppen Ruhr, Fatzertage, 2014


Weitere Aufführungen: zeitraumexit Mannheim, Theater der Künste Zürich, Hessische Theatertage Wiesbaden, Het Veem House Amsterdam, Dansehallerne Kopenhagen, FLUX Theater in Schulen

„Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muss es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will – während in der kommunistischen Gesellschaft, wo jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“
Karl Marx, Deutsche Ideologie

Fatzer will keinen Krieg mehr machen. Aber erst eine Zeichnung, mit der er seine Situation von Außen betrachten kann, ermöglicht ihm seinen eigentlichen Feind zu identifizieren und zu desertieren. Der Krieg nach Außen soll in einen Inneren verwandelt werden.

Trailer

Pressestimmen

Lokalkompass.de vom 09.07.2014 über DIY-Fatzer / UNSER ARM GEGEN UNS!
“DIY-Fatzer begibt sich auf die Spuren der strukturellen Gewalt in Brechts Text. Für ihn war sie Ausdruck des Klassenwiderspruches. DIY geht einen Schritt weiter - die Schuldenkrise und Burnout deuten für sie an, dass der äußere Krieg auch zu einem inneren Kampf geworden ist.”

Rhein-Neckar morgenweb vom 26.01.2015 über DIY-Fatzer / UNSER ARM GEGEN UNS!
“Hier können die Zuschauer nach Gusto aktiv werden, sei es als Spielleiter, Darsteller, Kaffeekoch oder Licht- Signalgeber und in bester Wimmelbild- Manier den gewaltigen Fundus an Objet-trouvé- Requisiten verschieben. Das hat durchaus Witz und künstlerischen Reiz, streift allerdings in seiner überbordenden Kleinteiligkeit auch die Grenze zur allzuquirligen Unüberschaubarkeit.”

Über das Stück

In Unser Arm gegen uns! finden die Zuschauer*innen im Theaterraum ein großes Buch mit detaillierten Anweisungen vor, anhand derer sie sich das Stück selber aufführen. Einzelne richten, z.B. das Vorwort des Buches verkörpernd, eine Ansprache an das restliche Publikum; es wird das Schlachtfeld Fatzers aufgebaut und allegorische Bilder werden gestellt, usw. Auf diese Weise erzählt sich das Publikum Fragmente der Geschichte Fatzers, der in den Schützengräben des 1.Weltkriegs mithilfe einer Zeichnung feststellt, wer seine eigentlichen Feinde sind und so den Beschluss fassen kann, zu desertieren. Mit der Zeichnung der Lage Fatzers, die aus allen möglichen Alltagsgegenständen hergestellt wird, geht es aber zugleich auch um die Lage des Publikums selbst, und darum, wie Theater Gemeinschaft schafft – und welche. Das klassische Theaterdispositiv in dem es Zuschauende und Vorführende gibt, ist in DIY-Fatzer nicht aufgehoben, sondern – frei nach einem Zitat von Marx über dessen Vorstellung einer klassenlosen Gesellschaft – kann jede*r in jedem Moment frei wählen, ob er*sie Zuschauen, Ausführen, Anweisen oder Kritisieren möchte, ohne je Zuschauer, Anweiser oder Kritiker zu sein. So fragt Unser Arm gegen uns! nach einem Theater in einer Gesellschaft, in der feste Arbeitsstrukturen zunehmend aufgelöst sind, und nach der Lage der Einzelnen in diesem Theater und dieser Gesellschaft.
Unser Arm gegen uns! ist aus der Überprüfung zweier entscheidender Konzepte partizipatorischer Kunst, dem Fluxusscore und dem Brechtschen Lehrstück entstanden, und aus überraschenden Verwandschaften hat sich ein spielerisches Lehrstück-Happening ergeben, das sich als Übung ans Publikum wendet und zugleich die Situation kritisch befragt, in der wir zur ständigen Mitarbeit aufgerufen sind.

Eine Produktion von ScriptedReality in Kooperation mit dem Ringlokschuppen Ruhr; gefördert durch die Kunststiftung NRW; gefördert von der Hessischen Theaterakademie.